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Poetische Bilder in einem starken Buch

„Eine erfolgsversprechende Stimme der italienischen Gegenwartsliteratur“ so nennt die Rezensentin des WDR die Autorin des Romans „Das Wasser des Sees ist niemals süß“, Guilia Caminito. Der Roman spielt in einem tristen, ärmlichen, nahezu prekären Milieu nördlich von Rom. Da lebt Gaia mit ihrer Mutter Antonia, ihren drei Geschwistern und dem Vater, der nach dem Sturz vom Baugerüst einer illegalen Baustelle querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt. Ihre Mutter, im Dauerkampf mit den Behörden um eine bessere Sozialwohnung, wobei sie auch manchmal nicht ganz saubere Mittel anwendet, träumt vom sozialen Aufstieg ihrer Tochter raus aus dem Milieu und schickt sie deshalb auf eine Eliteschule in der Stadt. Für Gaia bedeutet das tägliche lange Zugfahrten in die Stadt. Und in ein Milieu, das ihr neu und fremd ist. Gaias Kindheit ist schnell vorbei, für sie heißt es lernen, lernen und nochmals lernen um den Ambitionen ihrer Mutter zu entsprechen. Sie muss sich dabei in fremder Umgebung mit mobbenden Mitschülern herumschlagen. Und mit der immer gegenwärtigen Gewalt und Kriminalität in ihrem täglichen Umfeld. Und sie wendet selbst Gewalt an als ein Mitschüler ihr Ein und Alles zerstört, einen nagelneuen Tennisschläger. Und sie driftet ab in Gewalt und Kriminalität. Das gesellschaftliche Sein bestimmt ihren Weg.

Eine Milieustudie, hart, aber realistisch, jenseits aller Klischees. Das allgegenwärtige Italien jenseits der Strände, der antiken Stätten, der wunderbaren Sonnenuntergänge über den Canale Grande. Das chaotische, liebenswürdige, manchmal auch anarchistische Italien mit fast jährlich wechselnden Regierungen, die alles versprechen und nichts in den Griff bekommen. Ein Italien, in dem einfach versucht wird durch zu kommen, irgendwie, egal mit welchen Mitteln, mit Gewalt, Korruption, Schattenwirtschaft, Fantasie, Kriminalität. Italien eben.  Wäre Guilia Caminito eine deutsche Autorin und ihre Geschichte irgendwo zwischen den entsprechenden Quartieren in Deutschland angesiedelt, meinetwegen zwischen Berlin Marzahn und Berlin Mitte oder, um hier in der Nähe zu bleiben, zwischen Osterholz-Tenever und Schwachhausen, ich würde sie in der Liste zum deutschen Buchpreis vermuten, zumindest in der Longlist.

Gustav Förster

Roman, Quartbuch
Einband: gebundenes Buch
EAN: 9783803133496
26,00 €inkl. MwSt.

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